Klimaschutz braucht Verbindlichkeit


Verein renergie Allgäu beim Energiegipfel Bayern – Zähe Verhandlungen enden mit neuen Ausbauzielen

„Mit einem klaren, leidenschaftlichen und der Dringlichkeit der Lage angemessenem Auftrag der Politik hätten wir deutlich mehr erreicht“, zeigt sich Florian Weh, Geschäftsführer des Vereins renergie Allgäu am Ende des insgesamt fünftägigen Energiegipfel Bayerns einigermaßen ernüchtert. Als Gründungsmitglied der Landesvertretung Bayern im Bundesverband Erneuerbare Energien hatte der Kemptener Verein einen Platz in der Arbeitsgruppe 1 und konnte so seine Ideen und Zielvorstellungen zum „Erneuerbaren Energien-Ausbau in Bayern“ beitragen. Immerhin: Im Abschlussbericht wurden deutlich ambitioniertere Zielmarken definiert als noch vor vier Jahren.

Ende März war zur ersten von ursprünglich drei geplanten Sitzungen ins Bayerische Wirtschaftsministerium eingeladen worden. Insgesamt 43 Vertreter von Politik, Wirtschafts- und Interessensgruppen sollten im Auftrag der Staatsregierung die Potenziale und rechtlichen sowie wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Erschließung weiterer regenerativer Stromquellen erfassen. „So viel EE wie möglich“, lautete dabei der Auftrag. „Das war leider viel zu unverbindlich“, hätte sich Florian Weh stattdessen die klare Zielsetzung „Erneuerbare Vollversorgung“ gewünscht. Dann wäre es in den langen Diskussionsrunden nicht immer wieder ums „was wollen wir“, sondern ums „was müssen wir tun“ gegangen.

So aber zogen sich die Verhandlungstage oft ergebnislos in die Länge. Vor allem in den Diskussionen um die Windenergie fehlten verbindliche Vorgaben, die zu einem Konsens zwischen Industrievertretern und Interessensgruppen hätten führen können. „Immer wieder wurde um Prozente oder Formulierungen gefeilscht“, erinnert sich Florian Weh an stundenlange Debatten, an deren Ende keine klare Beschlussfassung stand.

Um überhaupt alle verfügbaren Erneuerbaren Energiequellen besprechen zu können, mussten zwei zusätzliche Sitzungstage anberaumt werden. „Für den Bereich Biomasse aber blieb am Ende trotzdem kaum Zeit“, bedauert Florian Weh. Die Diskussion in dem Zusammenhang beschränkte sich auf einen einzigen Vortrag von Sandra Rostek vom Fachverband Biogas e.V. Ihre Forderung, vor allem bestehende Kleinanlagen weiter zu fördern und künftig einen besonderen Fokus auf die Biomethaneinspeisung zu legen, trägt der Verein renergie Allgäu uneingeschränkt mit. Gemeinsam mit der Landesanstalt für Landwirtschaft und Vertretern des Wirtschaftsministeriums arbeiten sie darum derzeit – unabhängig vom Energiegipfel – im Sinne des Klimaschutzes an einer neuen „Güllestrategie“.

So zäh und mühsam die Verhandlungen auch waren – zumindest in einem Punkt waren der LEE und damit der Verein renergie Allgäu am Ende erfolgreich: Es gelang ihnen, in dem 15seitigen Abschlussbericht deutlich ambitioniertere Ausbauzielen zu formulieren, als sie im Energieprogramm 2015 beschlossen worden waren. Während sich bei Wasserkraft (neu: 15 TWh statt 13,5 in 2015), Bioenergie (9 statt 8,5 TWh) und Geothermie (gleichbleibend 0,3 bis 0,4 TWh) wenig bis nichts veränderte, wurden die Zielvorgaben für Strom aus Photovoltaik von 15 auf 30 TWh verdoppelt, bei Windenergie sogar mehr als verdreifacht (2015: 5 TWh/ neu: 16 TWh).

„Um diese Werte erreichen zu können müssen freilich die gesetzlichen Vorgaben geändert werden“, nennt Florian Weh beispielsweise die 10-H-Regelung. Umso erfreulicher aus seiner Sicht, dass die neuen Zielvorschläge am Ende doch noch den Konsens aller beteiligten Organisationen gefunden haben. Ergänzt übrigens um die Forderung, dass auch die Sektoren Wärme und Mobilität mit demselben Nachdruck ausgebaut werden müssen. Sowie um den Hinweis, dass auch die Politik sich klar und deutlich dafür aussprechen muss, in Bayern so schnell wie möglich eine Vollversorgung mit 1000 Prozent Erneuerbaren Energien zu erreichen und diese Energie hauptsächlich in Bayern zu erzeugen. „Dazu ist es dann freilich nötig“, so Florian Weh, „endlich auch die entsprechenden juristischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu schaffen.

18. Juli 2019