Ausstellung und Kongress von renergie Allgäu e.V. ziehen über 900 Besucher in die Messe Ulm
„Endlich!“ Dieser dankbare Stoßseufzer war oft und immer wieder zu hören bei den Biogas-Infotagen in der Messe Ulm. Eineinhalb Jahre nach der letzten Ausstellung im Januar 2020 konnte der Kemptener Verein renergie Allgäu endlich wieder seine Plattform bieten für Austausch, Fachgespräche und professionelle Beratung im persönlichen Kontakt. Rund 900 Biogasbetreiber nutzten die Gelegenheit, sich bei 115 Ausstellern in zwei Messehallen und Fachvorträgen in drei Foren über die neuesten Entwicklungen und Angebote zu informieren. „Weniger als in früheren Jahren“, so Thomas Hartmann, Vorsitzender des veranstaltenden Vereins aus Kempten, „aber mehr, als wir angesichts der aktuellen Lage zu hoffen gewagt hatten“, spricht er von einer guten Resonanz und einem ermutigenden Signal für die Zukunft der Branche.
Redispatch 2.0, Flexprämie oder Flexzuschlag, Ausschreibung und Direktvermarktung –Biogasfachmann Alexander Lehr war am Messestand von renergie Allgäu im Dauer-Beratungseinsatz. Wenn auch mit Maske und hinter Plexiglasscheiben – „die Betreiber waren sehr erleichtert, endlich wieder Gespräche mit Augenkontakt führen zu dürfen.“ Zwar hatte es in den letzten Monaten zahlreiche digitale Beratungsangebote gegeben – „damit aber haben wir nicht alle erreichen können“, so Alexander Lehr.
„Unsere Geschäfte laufen über persönliche Kontakte“, bestätigt auch Robert Höre, Gründer und Geschäftsführer des gleichnamigen Herstellerunternehmens für Biogas-Einbringtechnik. Seit 2004 hat seine Firma über 600 Anlagen ausgerüstet. Bei vielen davon stehen aktuell neue Investitionen zur Anlagenoptimierung an. „Das lohnt sich!“, empfiehlt Höre seinen Kunden neue Motoren mit geringerer Antriebs- und gleichzeitig höherer Förderleistung – nicht nur mit Blick auf Effizienz und niedrigere CO2-Emissionen, sondern auch, weil derartige Maßnahmen seit 2019 gezielt unterstützt und gefördert werden.
Vor allem das Modul 4 („Energiebezogene Optimierung von Anlagen und Prozessen“) der Bundesförderung für Energieeffizienz in der Wirtschaft kommt hier zum Tragen. Die renergie-Fachberater Isabel Hartmann und Christian Böhm informierten an beiden Messetagen sowohl am Stand wie auch in Kurzvorträgen über die wichtigsten Regelungen für diese Fördermaßnahme. Neben neuen Einbringtechniken werden auch der Austausch von Rührwerken und Folienhauben finanziell gefördert. Voraussetzung ist in jedem Fall ein Einsparkonzept, das durch einen BAFA-gelisteten Energieberater erstellt werden muss.
Das Interesse an derartigen Effizienzmaßnahmen ist sehr groß, wissen die Energieberater. Während es anfangs nur etwa zwei Wochen dauert von der Antragseinreichung bis zur Bewilligung warte man inzwischen bis zu zwei Monaten auf den BAFA-Bescheid. Auch Manuel Sontheimer vom Oberallgäuer Hersteller SUMA hatte während der beiden Messetage verschiedentlich Kundenanfragen zum Rührwerkaustausch. Hier habe es große Entwicklungen gegeben: Immer größere Rührflüge, langsamere Laufzeiten und effizientere Motoren ermöglichen durchaus große Einsparmöglichkeiten. Allerdings sind diese nicht leicht zu berechnen, weil beispielsweise zwischen Schubkraft und Schubleistung unterschieden werden und neben der Drehgeschwindigkeit auch die Laufzeit beachtet werden muss. „Das ist für den Betreiber schwer zu ermitteln“, weiß Isabel Hartmann. Sie und ihr Kollege setzen darum auf enge Zusammenarbeit mit Herstellerfirmen, um mit deren Erfahrungen und Produkt-Angaben die Antragsstellung zu erleichtern und die Abläufe zu beschleunigen. Zusätzlich würden aktuell die Fördermöglichkeiten für Grafit-Abgaswärmetauscher geprüft, so die Fachberaterin.
Die Biogas-Infotage boten genau dafür die Gelegenheit: Austausch und Netzwerken mit Kollegen, Fachberatern und Kunden. „Auch wenn das hier eine der kleineren Messen ist – für uns gehört sie zu den wichtigsten Terminen im Jahr“, erklärt Miroslav Benka, Vertriebsleiter von Baur-Folien aus Wolfertschwenden. Nahezu jeder Besucherkontakt sei umsatzrelevant, weil ausschließlich interessiertes Branchenpublikum vor Ort sei. Sein Unternehmen profitiere vor allem von der zunehmenden Flexibilisierung im Biogasbereich, weil dadurch immer neue Gasspeicher gebraucht werden. Der neueste Trend in seinem Geschäftsfeld „textile Architektur“ sind übrigens lichtgraue Folien aus PELD (Polyethylen niedriger Dichte), einem extra chemiebeständigem Material, das noch dazu auch noch günstiger ist als frühere PVC-beschichtete Folien.
Um moderne Entwicklungen und innovative Technologien ging es auch in den drei Vortragsforen. Im Wissenschaftsforum, betreut von der Landesanstalt für Agrartechnik und Bioenergie der Universität Hohenheim, referierten Fachleute beispielsweise über alternative Substrate und Verbundfaserstoffe. Im Praxisforum sprach Dr. Helmut Loibl an beiden Tagen vor jeweils voll besetztem Saal über die Auswirkungen und Chancen des EEG 2021 für Bestandsanlagen. Und im Innovationsforum präsentierten Verbände und Unternehmer ihre neuesten Angebote.
Darunter auch Florian Weh, Geschäftsführer der renergie GmbH, die seit gut zwei Jahren mit ihrem Bürgerstrom-Marktplatz cells energy auf dem hart umkämpften Strommarkt ist, um Betreiberanlagen eine Perspektive für die Zukunft zu geben. Für einen Monatsbeitrag von 12,50 Euro können Erneuerbare Energieerzeuger sich auf dieser Online-Plattform präsentieren und Kunden für ihr Produkt gewinnen. Cells energy übernimmt dabei alle administrativen Aufgaben der Vermarktung und Abrechnung, während sich der Betreiber ganz auf seine Stärken als Energieerzeuger konzentrieren kann. Über 600 Verbraucher machen bereits von diesem Angebot Gebrauch, beziehen ihren Strom über cells energy und leisten damit einen Beitrag zum Fortbestand der Anlagen über die EEG-Förderung hinaus.
Weitere Informationen zum Marktplatz von cells energy gibt es unter https://marktplatz.cells.energy/ . Die Biogas-Infotage 2022 finden am Mittwoch und Donnerstag, 23. und 24. März 2022, erneut in der Messe Ulm statt.